Inhalt anspringen
Kommunales Integrationszentrum

Interview mit Esra Gülcicek - Case Managerin in Niederkassel

Das Kommunale Integrationszentrum des Rhein-Sieg-Kreises (KI) hat mit der Umsetzung des Landesprogramms Kommunales Integrationsmanagement (KIM) NRW begonnen. Inzwischen sind die Stellen besetzt, einer der Case Managerinnen im Rhein-Sieg-Kreis stellt sich an dieser Stelle vor.

Logo des Kommunalen Integrationsmanagements NRW

Interview mit Esra Gülcicek – Case Managerin (CM) in Niederkassel

1. Seit wann arbeitest du als Case Managerin?
Meine Tätigkeit hat im Februar 2022 begonnen. Nach einer Einarbeitung von drei Wochen habe ich meine Arbeit in Niederkassel ab dem 21.02.2022 aufgenommen.

2. Wie war dein Einstieg in der Kommune und wie sieht ein normaler Arbeitstag von dir aus??
Da ich schon in der Kommune als Sozialarbeiterin in der Integrationsarbeit tätig war, bin ich mit der Stadt Niederkassel und den Mitarbeitern vertraut gewesen. Auch mit Akteuren vor Ort, welche in der Integrationsarbeit tätig sind, war ich vernetzt und Strukturen waren mir nicht neu. Somit ging es in den ersten Monaten um den Aufbau des Case Managements in der Kommune. Aufgrund der Situation mit dem Ukraine-Krieg und der daraus resultierenden Zuwanderung habe ich im Rahmen des Case Managements Unterstützung in der Kommune geleistet wie z.B. Sicherung des Lebensunterhaltes, Beratung bezüglich Krankenversicherung, Unterstützung bei der Suche nach Ärzten, Unterstützungsbedarf zu den Themen Aufenthaltsstatus und Unterbringung. Mein Arbeitsalltag war somit von Beratungen und Verwaltungsaufgaben geprägt.

3. Kannst du dein professionelles Netzwerk in der Kommune beschreiben? Mit wem arbeitest du zusammen?
Ich arbeite eng mit den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Kommune zusammen. Auch mit den Integrationsbeauftragten, den Sachbearbeitungen und dem Ehrenamt arbeite ich zusammen. Da das Ehrenamt mehrere Gruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten hat, bin ich in den Gruppen unterschiedlich eingebunden. Das Jugendamt ist ebenso ein Kooperationspartner.

4. Welche Aufgaben hast du als Case Managerin?

Im Allgemeinen lassen sich die Aufgaben des Case Managements im Rahmen von KIM in verschiedene Bereiche unterteilen. Ein Teil der Aufgaben ist die klassische Beratungstätigkeit, ein anderer Teil ist die Zusammenarbeit, die Vernetzung und der Austausch. Insgesamt ist dafür eine Erfassung von Bedarfen, Angeboten und Ressourcen von der Zielgruppe und den integrationsrelevanten Akteurinnen und Akteuren wichtig. 

Das Case Management bietet eine Orientierungs- und Integrationshilfe sowie das Angebot von Einzelfall- und Verweisberatungen. In diesem Zusammenhang bin ich direkte Ansprechperson für die Bürger:innen der Zielgruppe. Inhaltlich ist der Beratungsprozess so aufgebaut, dass nach dem Erstgespräch eine Situations- und Bedarfs- und Ressourcenanalyse mit der zu beratenden Person durchgeführt wird. Werden mehrere Bedarfe ermittelt, werden Zielvereinbarungen und eine Vorgehensplanung erarbeitet. Dies geschieht auf partizipatorischer und freiwilliger Basis. Da-nach geht es um die Umsetzung der Maßnahmen, der Bürger bzw. die Bürgerin geht zu entsprechenden Fachstellen und Maßnahmen. Im Monitoring wird eine Verlaufskontrolle durchgeführt. Das kann z.B. durch Protokollieren, Beobachtungen und Rückmeldungen/Austausch mit den an dem Beratungsprozess beteiligten Akteuren sowie regelmäßige Re-Assessments zu dem jeweiligen Fall geschehen. Der Abschluss des Beratungsprozesses beinhaltet die Auswertung (Evaluation) des Gesamtprozesses. Im Case Management geht es in einer abschließenden Auswertung um die Verknüpfung zwischen der Reflexion der Einzelfallarbeit und der Weiterentwicklung der Angebotsstruktur. 
Mit dem Punkt der Weiterentwicklung der Angebotsstruktur kommen wir zum zweiten Aufgabenschwerpunkt des Case Managements im Rahmen von KIM: Die Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort. Das Case Management möchte einerseits Fallkonferenzen und Fallanalysen mit den am Fall beteiligten Akteuren durchführen. Zudem möchten wir bei der Planung und Entwicklung von Angeboten im Integrationsbereich vor Ort mitwirken. Dazu ist eine enge Zusammenarbeit und Austausch mit den Integrationsakteuren vor Ort sowie Netzwerk- und Schnittstellenarbeit mit Behörden, Akteuren und Case Managerinnen und Case Managern im Rhein-Sieg-Kreis. Neben der Zusammenarbeit vor Ort ist auch die Berichtserstattung an die Kommune und des Rhein-Sieg-Kreises eine wichtige Aufgabe. Es geht dabei u.a. um die Analyse und Weitergabe von Erkenntnissen und Fakten zu Integrationsprozessen an Strategieebene des KIM, also die Koordinationsebene. 

5.  Wer kann sich an dich wenden?
Grundsätzlich können sich Bürgerinnen und Bürger mit Zuwanderungsgeschichte an mich wenden. Im Moment berate ich aufgrund der aktuellen Situation größtenteils ukrainische Flüchtlinge. Ich werde in jedem Einzelfall prüfen, ob es sich um einen Case Management Fall handelt. Je nach Bedarf werde ich Verweisberatungen durchführen.
Durch die Auftaktveranstaltung des Kommunalen Integrationsmanagements in Niederkassel konnte in Abstimmung mit weiteren Akteuren der Integrationsarbeit festgelegt werden, dass ich nur für Personen bzw. Familien mit komplexen Problemlagen zuständig bin.

6.  Woher weiß die Zielgruppe, dass es dich gibt?
Da ich schon zuvor in der Kommune tätig war, bin ich den Bürger:Innen vor Ort bekannt. Allerdings bin ich in einer neuen Funktion. Um dies bekannt zu machen und die konkrete Zielgruppe festlegen zu können, wurde eine Auftaktveranstaltung durchgeführt. In der Auftaktveranstaltung wurden weiterhin alle Akteure der Integrationsarbeit in Niederkassel eingeladen. Ziel war es Schnittstellen zu besprechen und die Zielgruppe zu definieren. 

Meine nächsten Schritte wären, die Wohlfahrtsverbände kennenzulernen und mich in den vernetzten Strukturen mit meiner definierten Zielgruppe vorzustellen. Außerdem kann über das Jugendamt, Sozialamt und Ehrenamt an mich verwiesen werden.

Meine Zielgruppe ist und bleiben Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Allerdings werde ich im Rahmen des Case Management komplexe Fälle bedienen.  

7. Wie kannst du ihnen helfen?
Es kommt immer auf den Bedarf an. Meistens sind es Beratungen in Bezug auf die Situation der Bürgerinnen und Bürger. Die führe ich sofort durch. Wenn ich eine Verweisung für sinnvoll halte, verweise ich an andere Stellen wie z.B. Migrationsberatung. Fälle wie Unterstützung im Ausfüllen von Anträgen, Austausch mit Institutionen wie z.B. das Jobcenter, um die Grundsicherung sicherzustellen oder aber auch mit Schulträgern für Integrationskurse und ähnlichem kann ich auch sofort übernehmen. 

Grundsätzlich bin ich aber für die komplexen Fälle zuständig, sodass ich durch langfristige Beratungen die systematischen Lücken erkennen und weitergeben kann.

8. Hast du schon Beratungen durchgeführt und wenn ja, welcher Art?
Da im Moment sehr viele ukrainische Flüchtlinge in der Kommune aufgenommen wurden, habe ich größtenteils Beratungen hinsichtlich der Situation für die ukrainischen Flüchtlinge durchgeführt. Die Beratungsgespräche beinhalteten folgende Themen: Aufenthalt, Unterkunft, medizinische Versorgung, Wohnraum, Leistungen, Schule, Integrationskurse und Arbeitsaufnahme. Perspektivisch sollen mittel- und langfristige Zielvereinbarungen mit der Zielgruppe auf Einzelfallebene geschlossen werden. Außerdem habe ich bedarfsgerecht den Kontakt zu weiteren Anlaufstellen wie z.B. der Anbindung an die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler von Interkultur Niederkassel hergestellt, um die Situation zusammen mit der Bürgerin oder mit dem Bürger zu regeln bzw. sie zu unterstützen.

9. Wie gehst du vor, wenn verschiedene Akteurinnen und Akteure aus dem Helfersystem an einem Fall beteiligt werden müssen?
Im Normalfall werden die Akteure von mir angesprochen und es wird ihnen mit-geteilt, dass ich gemeinsam mit den Personen/Familien an dem Fall arbeite und diese unterstützte. Möglich sind auch bei schwierigeren Fällen oder aber auch Fällen, bei der ein gemeinsamer Austausch sinnvoll sein könnte, Fallkonferenzen durchzuführen. Hier werden dann alle Akteure eingeladen, sodass jeder an einem Tisch ist und der Fall, mit dem Hintergrund an das Ziel zu gelangen, kann besprochen werden. Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren ist von großer Bedeutung, um produktiv und effektiv arbeiten zu können.

10. Wie siehst du deine Rolle als RSK-Bedienstete, die vor Ort in der Kommune arbeitet? Welche Vor- und Nachteile hat dies?
Aufgrund der Zusammenarbeit mit zwei Teams: KI und Kommune können Informationen besser ausgetauscht werden und in Hinblick auf das Arbeitsfeld Strukturlücken an die entsprechenden Stellen weitergegeben werden. Die Ermittlung der strukturellen Lücken sind somit aufgrund des Einsatzes in der jeweiligen Kommune einfacher zu erkennen. Auch bei Problemen und Fragen stehen zwei Teams zur Verfügung, welche bei Herausforderungen unterstützen. Schade ist nur, dass meine Kolleginnen und Kollegen des Case Managements in anderen Kommunen sitzen und nicht in meinem Nachbarbüro – doch aufgrund von regelmäßigen Teamsitzungen, Engagement der Kolleginnen und Kollegen und guten Erreichbarkeiten ist ein guter Austausch dennoch gewährleistet.