Inhalt anspringen
Unsere Verwaltung

Öffentliche Bekanntmachung - bereitgestellt am 24. Januar 2022

Tierseuchenverordnung (Allgemeinverfügung) des Rhein-Sieg-Kreises zur Anordnung eines Impfverbotes gegen die Infektion mit Boviner Virus Diarrhoe (BVD) bei Rindern vom 20.01.2022


Aufgrund der

  • Artikel 46 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EU) 2016/429[1],
  • Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689[2],
  • § 1 der Verordnung über Zuständigkeiten auf den Gebieten der Tierseuchenbekämpfung und der Beseitigung tierischer Nebenprodukte sowie zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Tierseuchenverordnungen (Zuständigkeitsverordnung Tiergesundheit und Tierische Nebenprodukte – ZustVO TierGesG TierNebG NRW)[3]

wird vom Rhein-Sieg-Kreis als Kreisordnungsbehörde folgende Allgemeinverfügung erlassen: 

1. Geltungsbereich

Diese Allgemeinverfügung richtet sich an alle Halter von Rindern im Rhein-Sieg-Kreis. 

2. Anordnungen

  1. Die Impfung von Rindern gegen die Infektion mit Boviner Virus Diarrhoe (BVD) ist ab dem 01.02.2022 im gesamten Gebiet des Rhein-Sieg-Kreises verboten.
  2. Die sofortige Vollziehung der unter Ziffer 1 getroffenen Regelung wird angeordnet.
  3. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tag nach ihrer öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.

3. Begründung

Die BVD ist eine gelistete Tierseuche der Rinder. Seit dem 01.01.2011 wird die BVD in Deutschland staatlich bekämpft. Seitdem ist ein kontinuierlicher Rückgang der Zahl BVDV-infizierter Bestände zu verzeichnen. 

Nordrhein-Westfalen (NRW) hat aufgrund des bisherigen Fortschritts bei der Bekämpfung der BVD bei der Europäischen Kommission einen Antrag auf Genehmigung eines Programmes zur Tilgung von BVD gemäß Artikel 31 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/429 eingereicht. Das Tilgungsprogramm zielt darauf ab, für NRW die Anerkennung als seuchenfreie Zone („frei von BVD in Bezug auf gehaltene Rinder“) gemäß Artikel 36 der Verordnung (EU) 2016/429 zu erlangen. 

Die Voraussetzungen für die Gewährung des Seuchenfreiheitsstatus für eine Zone wie z. B. das Land NRW sind in Artikel 72 Buchstabe f) in Verbindung mit Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 festgelegt:

  1. Die Impfung gegen BVD für gehaltene Rinder ist verboten.
  2. Mindestens während der vorhergehenden 18 Monate wurde kein Fall von BVD bei einem gehaltenen Rind bestätigt.
  3. Mindestens 99,8 % der Betriebe, die mindestens 99,9 % der Rinderpopulationen repräsentieren, sind frei von BVD.

Für die Erlangung des Status „frei von BVD in Bezug auf gehaltene Rinder“ bzw. die Aufrechterhaltung dieses Status ist mithin ein Verbot der Impfung für gehaltene Rinder gemäß Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitte 1 und 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 gesetzlich vorgeschrieben. 

In Bezug auf die Voraussetzung gemäß Buchstabe c) wäre der BVD-Freiheitsstatus gefährdet, sofern in mehr als 0,2 % der Betriebe in NRW bzw. bei mehr als 0,1 % der Rinderpopulation in NRW von der Impfung Gebrauch gemacht wird. 

Bei einer aktuellen Abfrage in der HI-Tier Datenbank wurde durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen ermittelt, dass in NRW im Jahr 2021 in ca. 4.875 Betrieben mehr als 75.500 Impfungen gegen BVD verabreicht wurden. Bei einer Zahl von ca. 16.000 Rinder haltenden Betrieben und 1,3 Millionen Rindern in NRW entspräche das einem Anteil von 3 % an Betrieben, in denen geimpft wurde und 5,8 % geimpften Rindern in der gesamten Population. Im Hinblick auf das bei der Europäischen Kommission eingereichte BVD-Tilgungsprogramm mit dem ausdrücklichen Ziel, den Status „frei von BVD in Bezug auf gehaltene Rinder“ gewährt zu bekommen, ist diese hohe Impfquote nicht länger angebracht. 

In Bezug auf die Voraussetzung gemäß Buchstabe c) müssen zudem die Vorgaben für den Status „frei von BVD“ auf Ebene des einzelnen Betriebes gemäß des Anhangs IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 1 (Gewährung Status) bzw. Abschnitt 2 (Aufrechterhaltung Status) der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 beachtet werden. Demnach führt die Impfung gegen BVD dazu, dass der Betrieb keinen Freiheitsstatus erlangen kann bzw. nicht länger als „frei von BVD“ gilt.
Im Übrigen gelten für geimpfte Tiere auch Verbringungsbeschränkungen. Gemäß des Anhangs IV Teil VI Kapitel 1 Abschnitt 2 Nummer 1 Buchstabe d) der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 dürfen in Betriebe, die in einem BVD-freien Mitgliedstaat oder einer solchen Zone liegen, nur Rinder eingestellt werden, die nicht gegen BVD geimpft wurden. 

Mit Erlass vom 28.12.2021 hat daher das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen über das Landesamt für Natur, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen die kommunalen Veterinärbehörden aufgefordert, für den eigenen Zuständigkeitsbereich per Allgemeinverfügung und auf Grundlage des Artikel 46 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EU) 2016/429 ein Verbot der freiwilligen Impfung gegen BVD ab dem 01.02.2022 umzusetzen. 

Dieser Aufforderung kommt der Rhein-Sieg-Kreis mit dieser Allgemeinverfügung nach. Die Anordnung des Impfverbotes verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist geeignet, erforderlich und angemessen, das angestrebte Ziel – wie dargestellt – zu erreichen. Mildere oder gleich geeignete Maßnahmen sind nicht erkennbar. 

4. Ordnungswidrigkeiten

Zuwiderhandlungen gegen diese Tierseuchenverordnung können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. 

5. Sofortige Vollziehung

Gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)[4] wird die sofortige Vollziehung dieser Tierseuchenverordnung im öffentlichen Interesse angeordnet. Die Einlegung eines Rechtsbehelfs entfaltet somit keine aufschiebende Wirkung. Insofern ist den Anordnungen dieser Tierseuchenverordnung auch im Falle der Erhebung einer Klage Folge zu leisten. 

Es liegt im besonderen öffentlichen Interesse, dass die zur wirksamen Seuchenbekämpfung erforderlichen Maßnahmen ohne zeitlichen Verzug durchgeführt werden können. Durch die Impfung gegen BVD kann die Erkennung von BVDV-Infektionen erschwert und verzögert werden. Käme es hierbei zu einer zeitlichen Verzögerung durch Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung, würde im Fall von weiter stattfindenden Impfungen gegen BVD die Verbreitung der BVD begünstigt oder könnte eine bereits stattgefundene Verschleppung erst verspätet erkannt werden. Dadurch würden den betroffenen empfänglichen Tieren erhebliche letztlich vermeidbare Leiden und Schäden zugefügt werden sowie den Tierhaltern erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen.
Im Interesse einer effektiven Tierseuchenbekämpfung überwiegt das öffentliche Interesse daran, dass auch während eines Rechtsmittelverfahrens die erforderlichen Seuchenerkennungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Die Maßnahmen dienen dem Schutz sehr hoher Rechtsgüter. Diesem besonderen öffentlichen Interesse stehen keine vorrangigen oder gleichwertigen Interessen des Tierhalters gegenüber, die es rechtfertigen könnten, die Wirksamkeit der Allgemeinverfügung bis zu einer zeitlich noch nicht absehbaren unanfechtbaren Entscheidung hinauszuschieben. Die Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche und der damit verbundene wirtschaftliche Schaden sind höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung als Folge eines eingelegten Rechtsbehelfs. 

6. Inkrafttreten

Diese Tierseuchenverordnung tritt gemäß §§ 41 Absatz 4 Satz 4, 43 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes NRW (VwVfG NRW)[5] am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft und gilt so lange, bis sie wieder aufgehoben wird. 

Die Veröffentlichung erfolgt auf der Internetseite des Rhein-Sieg-Kreises unter www.rhein-sieg-kreis.de in der Rubrik Verwaltung/Politik – Unsere Verwaltung – Öffentliche Bekanntmachungen. 

7. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht in 50667 Köln, Appellhofplatz, erhoben werden. Die Klage ist entweder schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Wird die Klage schriftlich erhoben, so sollen ihr Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Die Frist wird bei schriftlicher Klageerhebung nur gewahrt, wenn die Klageschrift vor Fristablauf bei Gericht eingegangen ist. Die Klage kann auch in elektronischer Form erhoben werden. Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

  • von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und auf einem zugelassenen elektronischen Übermittlungsweg gemäß § 4 Absatz 1 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV)[6] oder
  • von der verantwortenden Person signiert und von ihr selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 55a Absatz 4 VwGO eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und Übermittlungswegen, sowie zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der ERVV in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden.

Für den Fall, dass die Frist durch das Verschulden eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden sollte, würde dessen Verschulden Ihnen zugerechnet werden.

8. Hinweise

Bei Verständnis- oder Rückfragen zu dieser Tierseuchenverordnung wenden Sie sich bitte an das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt per E-Mail: veterinaeramtrhein-sieg-kreisde oder Telefon: 02241 / 13-2335.
Bitte beachten Sie aber, dass sich dadurch die Klagefrist nicht verändert oder verlängert. 

Siegburg, den 20.01.2022
Rhein-Sieg-Kreis
Der Landrat

gez. Sebastian Schuster


[1] Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) (ABl. L 84 S. 1, ABl. 2017 L 57 S. 65, ber. 2020 ABl. L 84 S. 24, ber. ABl. 2021 L 48 S. 3) in der aktuell gültigen Fassung

[2] Delegierte Verordnung (EU) 2020/689 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften betreffend Überwachung, Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei“ für bestimmte gelistete und neu auftretende Seuchen (ABl. L 174, S. 211-340) in der aktuell gültigen Fassung

[3] Verordnung über Zuständigkeiten auf den Gebieten der Tierseuchenbekämpfung und der Beseitigung tierischer Nebenprodukte sowie zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Tierseuchenverordnungen (Zuständigkeitsverordnung Tiergesundheit und Tierische Nebenprodukte – ZustVO TierGesG TierNebG NRW) vom 27. Februar 1996 (GV NRW S. 104) in der aktuell gültigen Fassung

[4] Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19.03.1991 (BGBl. I S. 686) in der aktuell gültigen Fassung

[5] Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) vom 12.11.1999 (GV. NRW. S. 602) in der aktuell gültigen Fassung

[6] Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) vom 24.11.2017 (BGBl. I S. 3803) in der aktuell gültigen Fassung

Wir verwenden auf rhein-sieg-kreis.de ausschließlich funktionale Cookies. Weitere Informationen finden Sie in der Datenschutzerklärung.